Die seit den 1960er Jahren entstandenen partizipativen Skulpturen und Installationen von Franz Erhard Walther sind der Prozeßkunst zu zuordnen. Walther verbindet in seinem Werk eine grundlegende Befragung des Begriffs der Skulptur mit einer Betonung des Entstehungsprozesses. Auch wenn seine Arbeiten in ihrer Einfachheit und reduzierten Form an den Minimalismus erinnern, geht es Walther um einen anderen Ansatz. Er versteht seine Objekte als Arbeitsmaterialien, die zur Auslösung von Grunderfahrungen nutzbar sind. Darunter versteht Walther Fragen der Selbst-Definition, der Orientierung und Bewußtseinsbildung. Die Betrachter treten mit dem Werk über sogenannte Werkhandlungen in aktiven Dialog, was die traditionelle Auffassung von Betrachter und Werk verändert und zu einem "anderen Werkbegriff" (Walther) führt.
Walther nahm vier Mal an der documenta teil und erlangte mit seinem erweiterten Werkbegriff früh internationales Ansehen. So stellte er bereits 1969 im Museum of Modern Art in New York erstmals den berühmten '1. Werksatz' aus. Dabei handelt es ich um eine interaktive Installation aus 58 Objekten aus verschiedensten Materialien, die von den Betrachtern 'benutzt' werden sollten, etwa indem sie die Objekte aufklappten, sich hineinlegten oder geometrische Formen daraus gestalteten. Zu den weiteren wichtigen Werkgruppen gehören ein 1969 begonnener '2. Werksatz' mit 'Schreitstücken' und 'Stand-Schreitstücken' sowie ab 1979 die 'Wandformationen' und in den 1990er Jahren die 'Handlungsbahnen'.